BusBlog über Busdesign: ein fesselnder Tanz um Ikonen - eurotransport

2021-10-22 09:32:44 By : Ms. xiaofeng ZHU

Für einen besinnlichen Rückblick auf das vergangene Jahr und einen möglichst aufschlussreichen Ausblick auf 2019 ist es noch nicht zu spät. Dazu greifen wir das sonst nur sporadisch auftauchende Thema Busdesign auf. Was ist top, was ist Flop und welche „Designikonen“ vermissen wir sehr oder gar nicht?

Fahrzeugdesign ist eine hohe Kunst – vor allem bei großformatigen Konzepten wie Bussen, die aus pragmatischen Gründen eigentlich eine Kastenform beschreiben müssen, um möglichst viel Platz einnehmen zu können. Auch hier möchten sich die einschlägigen Ästhetiker aus Pforzheim, Berlin oder München austoben, allein die Technikabteilung wirft ihnen oft einen Strich durch die Rechnung: zu aufwendig, zu teuer, kurz: nicht möglich! Nicht umsonst zitiert der neue Designer bei Daimler Buses, Stephan S. Handt, gerne den Paten des Bauhauses, Walter Gropius, mit dem schönen Satz „Design ist wie in Fesseln zu tanzen“ – oft wird ein fesselnder Tanz aus Blech gemacht Metall, GFK und Glas daraus.

Unter den modernen Richtlinien der Gleichteileverwendung und Kostendeckung wäre eine Ikone (und da ist sie das geliebte Schimpfwort!) wie der zweite Neoplan Starliner heute nicht mehr denkbar. Zumindest nicht ohne leidenschaftliche Techniker mit hochfliegenden Designerambitionen wie Ernö Bartha oder Bob Lee – beide auch Neoplan-Ikonen der Vergangenheit. Auch 15 Jahre nach seinem Erscheinen (noch in Stuttgart-Möhringen entwickelt) und drei Jahre nach seinem kostengetriebenen Untergang begeistert das Auto mit seiner Visir-Grafik im damals sogenannten "Sharp-Cut-Design" von Michael Streicher (ja, auch solche Neologismen in Denglisch gehören zu exquisiter Kunst) sorgen noch immer für Aufsehen auf der Straße.

Mehr oder weniger geschickt sind wir in das Einführungskapitel zu Reisebussen gestolpert, mit dem expressives Design meist zuerst in Verbindung gebracht wird. Schließlich will der Passagier nicht mehrere Tage in einer hässlichen Kiste verbringen, die genauso gut ein Schuhkarton sein könnte, nur ein paar Nummernklassen zu groß. Hier war in den letzten Jahren viel Neues zu sehen, denn die aktuelle Kippschutzrichtlinie ECE R66.02 machte oft umfangreiche Neukonstruktionen des Tourenwagens notwendig. MAN begnügte sich mit einem umfangreichen Facelift der beiden 2002 gebauten „Standardbusse“ (so hieß damals die preissensible Mittelklasse) MAN Lion’s Coach und Neoplan Tourliner, allerdings nicht ohne sie als „komplett neu“ zu brandmarken Fahrzeuge".

Ein sehr transparentes Manöver, um Kunden alle sieben oder acht Jahre glauben zu lassen, dass sie ein brandneues, hochmodernes Fahrzeug kaufen. Warum bei dieser starken Fokussierung auf das neue Design (bei MAN heißt es jetzt „Smart Edge“), dann übersehen, dass die oft zu Designelementen gezüchtete B-Säulen-Verkleidung die Sicht in der ersten Reihe versperrt , bleibt den Designern ein Rätsel. Die „Klingen“-Sichel des MAN wird deshalb einfach nach hinten gekippt, doch der Tourliner muss in seinem schicken „Kometenschweif“ unschöne Schlupflöcher ertragen. Wer schön und praktisch sein will, muss leiden. Dass modernes Design auch über das Ziel hinausschießen kann, zeigt das schwarz lackierte Heck in iPhone-Optik, das laut Busdesigner Stefan Schönherr nicht in Kundenfarbe lackiert werden sollte, und das Pendant zu den schwarzen Zorro-Bandagen, die aus den Scheinwerfern sprudeln draußen vor, repräsentiert. Aber wie immer ist der Kunde König und schon wurden einige Modelle gesichtet, die auf die iPhone-Rückseite verzichten.

Apropos hinten. Der Titel für das auffälligste Heck des Busses geht aus unserer Sicht nach dem Tod des Starliners auf den Skyliner über. Das auf der IAA gezeigte Auto mit den trendig-schicken Kameras als Spiegelersatz und hochwertiger Innenausstattung unterstrich diese Position mit Schwung. Man darf gespannt sein, wann der nächste „richtige“ Neoplan mit komplett neuem Design entsteht, der Cityliner wurde vor 13 Jahren am Wolfgangsee mitsamt dem sprichwörtlichen Feuerwerk spektakulär präsentiert.

Der Mercedes Tourismo der neuen Generation gilt weniger als Design-Feuerwerk; seit 2018 erobert er wie sein Vorgänger mit Leichtigkeit die Straßen Europas. Gut gemachtes, funktionales Design mit Hang zum langlebigen Design ist leichter zu erkennen. Der serienmäßige Reisebus kann sich nur Scheinwerfer und Rückleuchten aus den Konzernregalen leisten, was bei den Frontscheinwerfern aus dem Actros nicht weiter schlimm ist, da er sich hoffentlich bald über die neuen LED-Scheinwerfer des neuen Lkw-Facelifts freuen kann ( Ups, da war wieder das böse Wort!). Bitte nicht falsch verstehen, der Mercedes ist ein gelungenes Fahrzeug, das man sich noch sehr lange anschauen kann. Doch die optische und charakterliche Präsenz eines Travego, der aus ähnlichen Gründen wie der Neoplan Starliner auf dem Stuttgart-Mannheimer Firmenaltar geopfert wurde, erreicht der einstige kleine Bruder bei weitem nicht. Um dem im Tourismo erstmals gezeigten neuen Safety Coach etwas mehr Pepp in der kunststoffähnlichen Front zu verleihen, arbeiteten die Designstrategen großzügig mit Silberfolie, um die markenprägenden „Kühlerfinnen“ zu betonen. Noch besser wäre es uns, wenn der Kunde auch von solchen Zierteilen in hochwertiger „Chromoptik“ profitieren würde (und hier würdigt der Autor endlich seinen langjährigen und segmentübergreifenden Chromfetischismus).

Ein weiterer Designtrend, den Daimler erstmals in der Setra Comfort Class MD geprägt hat, steht dem Tourismo hervorragend: Das wählbare Comfort Plus-Cockpit mit silbrig schimmerndem, intern auch „Wasserfall“-Finish genannt, rechts zum Begleiter ist ein echter Hingucker und übertrifft die des Travego bei weitem. Hier hat das Mannheimer Unternehmen in puncto Haptik und Ergonomie echte Maßstäbe gesetzt und wir hoffen, dass uns das volldigitale Cockpit des „neuen Actros“ im Bus für ein gutes Jahrzehnt erspart bleibt. Gelungenes physisches Design hat immer Vorrang vor digitalem Overkill, was nicht zuletzt das Model 3 von Tesla und diverse Mercedes-Autos mit klobigen Monster-Displays beweisen.

Nun tut sich der Daimler-Konzern mit einem etwas unspektakulären Reisebus für die führende Marke nicht wirklich weh, schließlich hat er eine Premium-Reisebusmarke, die auch so geführt und behandelt wird. Die Top- und Komfortklasse der 500er-Serie ist mit ihrem eleganten Longlife-Design nach wie vor gut anzusehen. Die Mittelklasse-Baureihe soll demnächst eine erste Modellpflege erfahren (intern „MOPF“ genannt), schließlich ist sie seit 2012 auf dem Markt und weiß noch immer durch ihre Eigenständigkeit und Eleganz mit ihrer schrägen Fensterlinie zu beeindrucken. Die Spitzenklasse stellt mit ihrer Sperrigkeit und der edlen, dreidimensionalen La Linea die Königsklasse des europäischen Omnibusbaus dar, an Design gibt es kaum etwas zu rütteln. Ein baskischer Irizar i8 mag ungestüm edel wirken und nicht mit modernen Elementen geizen, an die Solidität und Zeitlosigkeit der Spitzenklasse kommt er bei weitem nicht heran. Dennoch sollte Scania im Nachhinein ein wenig bedauern, den Basken als exklusiven Aufbauhersteller verloren zu haben, auch wenn der InterLink HD noch einen schönen und sehr flexiblen, aber alles andere als spektakulären Reisebus im Portfolio hat.

Doch zurück zu Neu-Ulm und dem neusten Setra, dem S 531 DT, also dem neuen Doppeldecker, mit dem die Strategen aufgrund der langen Abwesenheit des Neoplan Skyliner schon lange unterwegs sind. Das Ergebnis ist - ja was eigentlich? Setra selbst sagt, dass das neue Flaggschiff eine „Klasse für sich“ zwischen Top- und Komfortklasse darstellt und dies kann durchaus die Erklärung für einige stilistische Widersprüche auf zwei Decks erklären. Das Weglassen der monothematischen, nach vorne gebogenen "La Linea" der 400er Serie und das Anbringen einer zweiten Zierleiste am unteren Fensterband (aus anderem Material!) sieht nicht absolut edel aus und nimmt etwas in Anspruch am Anfang gewöhnungsbedürftig. Genauso wie die „Inselgrafik“ an der Seite, die einerseits das Gewicht aus dem Auto nimmt, aber auch zur ungewollten Zackigkeit beiträgt. Das gleiche gilt für das Heck. Sehr gelungen ist dagegen die schmale Frontpartie, die fast vollständig von der Oberklasse übernommen wurde. Aber auch hier gibt es einen Materialmix aus Chrom für die Bugmaske und eloxiertem Aluminium für die neue Spange zwischen Ober- und Unterdeck. Auch hier bietet der Hersteller zwei Cockpits an, das der Oberklasse oder das der Komfortklasse – auch hier ein Hybrid der Serie. Der sportlich nach unten abgewinkelte obere Scheibenwischer kann jedoch im Bereich „Design-Kuriositäten“ verstaut werden. Alles in allem ist das Auto (ebenfalls ein umfangreiches Facelift) sehr gelungen, ohne jedoch seinen Vorgänger aus der Oberklasse sehr schnell sehr alt aussehen zu lassen. Auch eine Leistung, die nicht jeder Hersteller beherrscht.

Etwas grundlegend Neues hat sich Volvo mit dem neuen 9900 aus polnischer Produktion gegönnt, der wiederum die von Drögmöller übernommene Theaterbestuhlung trägt. An und für sich so bekannt. Das Thema der ansteigenden Fensterlinie verdoppelten die Schweden jedoch schnell und bogen sie oberhalb von Tür 2 wieder nach unten, um ihr im Vergleich zum Vorgänger mehr Höhe zu verleihen. „Z-Line“ nennt Designer Dan Frykholm diesen Trick, der auf den ersten Blick etwas aufdringlich und gewollt wirkt, dann aber konzeptionell Sinn macht. Gebohrt wird es jedenfalls nur beim 9900er Luxusauto, der 9700 bleibt so schnörkellos wie bisher und muss auch noch auf etwas Chromschmuck verzichten. Beide Wagen haben eine starke Betonung der unteren Bugmaske im Sinne eines Unterbisses. Das ist zwar etwas störend, gehört aber schon lange zur Marke und betont noch einmal den Unterfahrschutz dahinter. Das Cockpit des Wagens hingegen ist eine Enttäuschung, sowohl was die Qualität als auch die Digitalisierung angeht: Es ist nicht einmal ein Multifunktionslenkrad zu greifen, das neue, farbige Kombiinstrument aus dem Truck ist aufgrund der alten Elektronik auch nicht verbaut Struktur. Da hilft es nicht wirklich, dass das Lenkrad in zwei Größen bestellt werden kann.

Mit dem Umzug von Kortrijk nach Brüssel soll die Buswelt 2019 auch bei den Reisebussen etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen. Komplette Neuentwicklungen sind kaum zu erwarten, nur Iveco Bus hat noch Nachholbedarf bei den Magelys, aber hier geht die Richtung immer mehr in Richtung untere Mittelklasse und Kostenbewusstsein, zum Beispiel mit dem Evadys, der a reine Crossway-Modifikation. Vielleicht wird es den aufstrebenden Chinesen bald ernst mit Trainern für Europa. Erst 2018 hat Yutong den Busdesigner Mathias Lenz von Daimler geschnappt, und das wird nicht umsonst (in zweierlei Hinsicht) geschehen sein. Der King Long Navigator in Kortrijk war ein schöner Beweis dafür, was die Chinesen in Sachen Design können, wenn sie wollen und den Designern freie Hand lassen.

Über einen Neoplan Cityliner als echtes SHD würden wir uns sehr freuen, darüber wird schon länger in München gesprochen. Sinn macht das aber erst mit einem umfangreicheren Facelift, obwohl das Modell gerade erst neue Scheinwerfer bekommen hat. Setra sollte euch zumindest einen ersten Blick auf die neue Comfort Class werfen, auch die Multi-Class wird in die Jahre gekommen, da sie noch auf der 400er-Baureihe basiert. Die neuen Kamerasysteme dürften im nächsten Jahr eine größere Rolle spielen und die erste Serie soll in Serie gehen (warum nicht die Comfort Class?). Im Idealfall wirkt sich dies auch auf das Design aus, denn die Spiegel waren bisher ein markanter Blickfang am Reisebus, der 2004 das Design des Neoplan Starliner mitprägte (den er leider nie bekam). Auch die Unterbringung und Verbergung von immer mehr Radar- und anderen Sensoren wird zum Thema; Daimler wird mit seinen neuen Sicherheitssystemen wie Abbiegeassistenten nicht lange allein bleiben können. Was wir uns auch wünschen, wäre eine deutlichere Fokussierung auf den Begleitsitz, der unverständlicherweise immer noch vernachlässigt wird. Mit Innovationsgeist und Pragmatismus soll daraus für den fleißigen Co-Piloten noch viel mehr herausgeholt werden können. Und bei allen Kosteneinsparungen und der Gleichteilpolitik: Bitte, liebe Hersteller, gönnen Sie uns weiterhin ein paar emotionale Flaggschiffe, die diesen Namen wert sind. Denn gerade das eigentlich Unvernünftige kann manchmal außergewöhnlich schön sein.

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