Elektronik passt sich an - biegen statt brechen (Archiv)

2021-10-22 08:44:36 By : Ms. Carmen Wen

Quadratisch, praktisch, steif – das sind die Eigenschaften heutiger elektronischer Geräte. Denn Laptops, Tablets und Smartphones sind transportabel, haben aber immer diese kantige, manchmal unhandliche Kastenform. Das wollen einige Forscher nun ändern – mit einer völlig neuen Elektronik entstehen biegsame Bauteile.

Fraunhofer IZM Berlin PLACE-IT: Dehnbare Elektronik in Textilien bringt Licht in die medizinische Versorgung

MPI für Informatik, Saarbrücken

Max-Planck-Gesellschaft: selbstgemachte hauchdünne Displays

„Wir stellen uns Computergeräte vor, die keine rechteckigen Schachteln mehr sind, wie sie es heute sind. Wir denken an Geräte, die in die Wand integriert sind, die in unsere Kleidung integriert sind. Die wir direkt am menschlichen Körper tragen können.“

Elektronik, die nicht wie ein Klotz um unsere Beine hängt, sondern sich wie eine zweite Haut anfühlt.

"Das wird Elektronik sein, die den Menschen ein Gefühl vermittelt, das sie eigentlich nicht haben - den magnetischen Sinn."

Für all das sind Siliziumchips und starre Leiterplatten nicht mehr geeignet. Gefragt ist noch etwas: biegsame Bauteile, die sich jeder Form anpassen, egal ob geschwungen oder gewölbt. Dehnbare Komponenten, die sich mitbewegen. Forscher auf der ganzen Welt arbeiten daran. Einige ihrer Techniken sind bereits unterwegs.

Ein kurzes Signal, ein Ton aus dem T-Shirt. Es misst meinen Puls - alles in Ordnung, der Ärmel blinkt grün. Ich gehe nach draußen, es ist noch dunkel und bewölkt. Am liebsten mache ich das Licht an – und mein Mantel leuchtet, dezent aber sichtbar.

Technologie 1: Die Leiterplatte zum Strecken.

Berlin, das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Systemintegration. Auf dem Weg ins Labor zieht Ingenieur Manuel Seckel einen Kittel an. Hier muss alles sauber sein, blitzsauber.

"Jeder Krümel kann nachträglich Leiterbahnen zerstören. Und dann ist die ganze Schaltung unbrauchbar."

Der sensibelste Bereich befindet sich hinter einem Schloss, der Zutritt für Unbefugte ist untersagt. Dahinter stehen Menschen, die wie Chirurgen im Operationssaal aussehen. Kein Staubkorn soll das verschmutzen, was hier hergestellt wird.

"Im Reinraum muss man volle Ausrüstung tragen. Overalls, Schuhe mit Stulpen, ein Haarnetz und eine Gesichtsmaske, um eine Kontamination zu vermeiden."

Im Reinraum entstehen elektronische Schaltungen. Aber es sind keine gewöhnlichen Bretter, sondern massiv, starr und spröde.

"Das sind dehnbare und formbare Leiterplatten."

Ingenieur Thomas Löher und sein Team haben ein ungewöhnliches Verfahren entwickelt: Sie legen eine Kunststofffolie auf eine Grundplatte, darüber eine Kupferschicht und mehrere Trennschichten. Dieser Haufen kommt in einen speziellen Ofen.

„Das liegt im Bereich von 3 bis 10 bar Druck, der auf diese Platten ausgeübt wird. Die Temperaturen liegen im Bereich von 160 bis 200 Grad Celsius.“

Die Schichten werden im Ofen gebacken und gepresst – und untrennbar miteinander verbunden. Jetzt kann der Haufen in den Reinraum gehen, zum Personal im Chirurgenkleid. Mit speziellen Belichtungstechniken prägen sie Muster in das Kupfer - Leiterbahnen und elektronische Schaltungen.

„Ganz am Ende haben wir das Produkt ausgesägt und dann von der Platte gezogen. Und dann ist es dehnbar – aber nur dann.“

"Ich hole mir jetzt die dehnbare Schaltung vom Trägersystem. Und wie man sieht, ist es wirklich das dehnbare Material. Die Schaltung kann in eine Richtung gedehnt werden, ohne die Leiterbahnen zu brechen."

Manuel Seckel zerreißt die Schaltung wie ein Kaugummi. Statt zu brechen, dehnt es sich – und kehrt beim Loslassen in seine ursprüngliche Form zurück. Möglich wird dies durch zwei Tricks: Erstens: Das Kupfer, also das Leitermaterial, wird fest mit dem elastischen Kunststoff verbunden. Zweitens: Die Leiterbahnen haben eine besondere Form – nicht schnurgerade, sondern mäanderförmig. Zieht man die mäandernden Pfade auseinander, werden sie länger. Lässt man sie los, schlängeln sie sich wieder zusammen.

„Sie können am Ausbau teilhaben, weil sie mäanderförmig sind. Wir haben über diese gesamte Form eine gute elektrische Verbindung.“

Dehnbarer Magnetsensor (aufgeklebt auf der Gummiblase) vom IFW Dresden. (deutschlandradio.de / Frank Grotelüschen)

Um ein komplettes elektronisches Gerät zu erhalten, löten die Forscher konventionelle Bauteile – Prozessoren, Sensoren, LEDs – an den nicht oder kaum gedehnten Stellen der Platine an. Löher zeigt, was mit den gummiartigen Platinen alles möglich ist.

„Hier haben wir die elastische Elektronik in Textilien integriert.“

Ein Kleid auf einem Ständer. Unter dem Stoff befindet sich eine dehnbare Platine, die mit einem Beschleunigungssensor, einer Steuerelektronik und Dutzenden von Leuchtdioden ausgestattet ist. Löher greift nach einem Schalter, die LEDs leuchten kurz auf, ein Lichtmuster.

„Wir wackeln ein bisschen damit. Dann beginnen sie schneller zu flackern. Sie sind gedimmt, damit es wie ein Glitzer aussieht.“

Das leuchtende Kleid sei bei Modedesignern gut angekommen, sagen die Forscher. Und sie haben noch mehr Prototypen gebaut: eine Jacke mit Lichtelementen für Bauarbeiter und Feuerwehr. Ein T-Shirt für Epilepsiepatienten, das vor Krampfanfällen warnt. Ein EKG-Shirt, das die Herzfrequenz überwacht. Ein diagnostisches Pflaster, das den Blutsauerstoff aufzeichnet.

Flexible elektronische Komponenten gibt es schon lange. Jedes Kabel lässt sich biegen, ebenso die Anschlüsse am Laptop – sonst lässt sich der Monitor gar nicht öffnen und schließen. Jetzt sind Forscher dabei, noch mehr Elektronik flexibler zu machen. Die Kraft, die sie antreibt – das mobile Internet.

"Das macht das Ganze interessant, seit die Leute Smartphones benutzen. Man tippt oder zieht irgendwohin und etwas passiert."

Dies kann mit elastischer Elektronik auf die Spitze getrieben werden.

„Ich kann Funktionalität in bisher ungenutzte Bereiche bringen. Das ist ein komplett umlaufender Touchscreen, den man dort machen könnte. In Möbeln, Küche, Spülmaschine – solche Geräte.“

Das Tattoo auf meinem Arm blinkt - das Telefon. Ich berühre das Muster sanft, das Gespräch ist verbunden. Danach habe ich Lust auf Musik – ein Tattoo auf meinem anderen Arm. Ich drücke Start, mein Lieblingsstück klingt.

Schaufensterpuppenarm mit elektronischer Tätowierung / MPI Saarbrücken. (deutschlandradio.de / Frank Grotelüschen) "Wir sind hier in unserem Drucklabor. Hier werden eigentlich Displays und Sensoren gedruckt."

Saarbrücken, das Max-Planck-Institut für Informatik. Der Informatiker Jürgen Steimle steht in einem Labor, das aussieht wie eine Handwerkswerkstatt. Es riecht nach Kleber, und sein Kollege Sergio Soto benutzt eine Schablone in der Größe eines Backblechs.

„Ich tropfe etwas Tinte in die Öffnungen der Schablone, das geht ganz einfach. Dann nehme ich diesen Gummischaber und ziehe ihn mit möglichst viel Druck über die Schablone. Das ist echte Handarbeit.“

Soto hat gerade eine Leiterbahn im Siebdruck hergestellt. Gleich wird er den Vorgang wiederholen und weitere Leiterbahnen anbringen – für den Prototypen eines flexiblen Sensors

„Wir drucken flexible Leiterbahnen auf extrem dünne Substrate, zum Beispiel auf Papier oder Folien. Diese Leiterbahnen können dann als Sensoren fungieren, um beispielsweise Berührungseingaben aufzuzeichnen.“

Anders als die Berliner Fraunhofer-Forscher arbeiten Steimle und sein Team nicht mit Kupferleitern. Stattdessen stellen sie ihre Schaltungen mit Tintenstrahldruckern her. Der entscheidende Trick: eine spezielle leitfähige Tinte. Wenn es trocknet, leitet es Strom. Damit lassen sich einfache Schaltungen bauen – zum Beispiel ein elektronisches Tattoo. Ein schwarzes, geschwungenes Muster, eingebettet in transparenten Kunststoff, den Steimles Kollege Martin Weigel gerade auf seinen Unterarm geklebt hat.

Mäanderförmige Kupferleiter (Fraunhofer IZM / Berlin) (deutschlandradio.de / Frank Grotelüschen)

"Die schwarzen Strukturen sind die Leiterbahnen. Strom wird durchgelassen und Kontakt erkannt."

Das Tattoo ist ein Bedienfeld für einen MP3-Player und mit diesem per Kabel verbunden. Weigel steuert die Funktionen mit sanftem Druck auf das schwarze Muster.

"Wir sehen hier mehrere interaktive Elemente, zum Beispiel einen Play-Button. Wir können zum nächsten und vorherigen Song springen und auch die Lautstärke regulieren."

Die Forscher haben ihre Technologie ISkin getauft – Sensoren, die sich dem menschlichen Körper wie eine zweite Haut anpassen. Nun schälte Weigel das elektronische Tattoo ab und nahm es zwischen die Hände.

„Ich dehne jetzt den Sensor. Wir haben in einer Studie gezeigt: Wir können ihn um über 30 Prozent dehnen. Das heißt, dieser Sensor ist elastischer als die menschliche Haut selbst.“

Weigel weist nun auf ein weiteres Sensorelement hin: eine hauchdünne, dehnbare Tastatur, etwa so groß wie der Bildschirm eines Smartphones. Sie können es per Kabel mit einer Smartwatch, einer Computeruhr der neuesten Generation, verbinden.

„Smartwatches haben ein sehr kleines Display, das nicht sehr einfach mit Text zu interagieren ist. Deshalb haben wir hier einen Sensor, der neben einer Uhr aufgerollt werden kann und sehr wenig Platz einnimmt. Wenn ich Text eingeben möchte, rolle ich diesen Sensor kann ich dann auf meiner Tastatur am Unterarm tippen. Und wenn ich ihn nicht mehr brauche, rolle ich ihn einfach wieder zusammen.

Tippt man auf die Gummitastatur am Unterarm, überträgt ein Kabel die Impulse an die Uhr und der Text erscheint auf deren Display.

„Die Technik, die wir haben, ist eigentlich produktionsreif. Was wir hier drucken, kann heute genutzt werden. Ich sehe dort große Chancen, auch in kurzer Zeit.“

Es wird dunkel, das Licht geht an. In der Mitte des Raumes steht eine Säule, sie leuchtet blau. Das Sofa daneben leuchtet schwach in Orange. Ich berühre die Oberfläche, sie wird rot. Der Bildschirm entrollt sich von oben, er ist hauchdünn, das Bild ist hervorragend.

Technologie 3: Eine Lampe, die gebogen werden kann.

Leuchtende OLED-Folie vom Fraunhofer FEP / Dresden (deutschlandradio.de / Frank Grotelüschen)

„Wenn wir mit Designern sprechen, schwärmen sie sofort von dieser extrem dünnen, flexiblen, leuchtenden Folie, die sie sich überall vorstellen können: entweder frei im Raum schwebend oder in alle möglichen Oberflächen integriert kann mir das im Moment gar nicht vorstellen."

Dresden, das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik. Hier arbeitet Christian May an der Weiterentwicklung der OLED. Eine noch junge Technologie für Displays und Beleuchtung, verwandt mit der Leuchtdiode.

„OLED ist auch eine LED-Technologie. Davor steht aber ein O. Und das O steht für organisch. Wir verwenden Materialien aus der organischen Chemie. Halbleitermaterialien, die den Vorteil haben, groß, leicht und sehr effizient zu sein.“

Also leuchtender Kunststoff. Manche Handy-Displays basieren bereits auf OLEDs, manche High-End-Fernseher und Designerlampen. Die Vorteile: OLEDs sind dünn, groß und bieten einen guten Kontrast ohne Hintergrundbeleuchtung. Aber: Die leuchtenden Moleküle brauchen einen Träger, zum Beispiel Glas. Bisher waren diese Träger starr und flach, aber noch nicht flexibel. Genau daran arbeiten sie in Dresden.

„Ich fange an, eine Rolle zu verriegeln. Dann wird die Rolle abgewickelt. Dann findet ein Prozess statt, es wird etwas abgelegt, beschichtet. Und dann wird es wieder auf die Rolle aufgewickelt. Damit Sie die Rolle nach dem Prozess wieder aufnehmen können.“

In der Institutshalle zeigt Fraunhofer-Forscher Stefan Mogck auf einen Metallblock von der Größe eines Kleinlasters. Flexible OLEDs werden seit langem im Labor hergestellt. Das System hier soll nun die industrielle Produktion testen. Ein sogenanntes Rolle-zu-Rolle-Verfahren: Eine Kunststofffolie, das Trägermaterial, wird von einer Rolle abgewickelt. Diese Folie wird über eine Walze mit einem Durchmesser von zwei Metern geführt. Hier verdampft ein Pulver unter Vakuum, die glühenden Moleküle.

"Man kann es sich wie einen Topf vorstellen. Man gibt das Pulver in einen kleinen Topf. Es wird erhitzt und bei einer bestimmten Temperatur verdampft es."

Mehrere Schichten werden nacheinander bedampft, dann wird die Folie wieder aufgewickelt. Schließlich befindet sich oben eine Schutzschicht. Dann ist es fertig, die Lampe zu biegen: Eine dünne Folie, in diesem Fall mit einem gelben, psychedelisch anmutenden Muster. Mogcks Kollege David Wynands nimmt es in die Hand und verbindet zwei Stromzangen.

„Jetzt sieht man, dass es schön glänzt. In diesem Fall sogar halbtransparent. Man kann sogar hindurchsehen, während die OLED leuchtet. Gleichzeitig fange ich an, diese Folie zu biegen.“

„Und man sieht, dass die Folie auch bei einem bestimmten Biegeradius noch sehr schön leuchtet und man noch durchschauen kann.“

Denkbar sind beleuchtete Flächen für Uniformen und Rettungswesten – und Lampen mit den ungewöhnlichsten Formen: Leuchten, großflächig in Möbel und Architektur integriert. Oder der Dachhimmel im Auto, der sich auf Knopfdruck in eine Lichtfläche verwandelt. Die Hoffnung:

"Irgendwann wird es solche OLED-Folien im Baumarkt von der Rolle zum Zuschneiden geben."

Andere Forschungsgruppen, sagt Stefan Mogck, arbeiten bereits an einer noch ambitionierteren Technologie.

„Schon sehr früh denkt man darüber nach, textile Fäden mit einer OLED-Schicht aufzubringen, damit der Stoff dann selbst leuchtet. Aber das ist ein absoluter Zukunftstraum. Es wurden erste Machbarkeitsstudien ausprobiert, dass so etwas funktionieren könnte. Aber das ist noch lange nicht genutzt."

Und noch eine Vision: der OLED-Bildschirm, den man aus der Tasche nehmen und ausrollen kann, sagt Christian May.

„Das flexible OLED-Display wird auf dem Vormarsch sein. In diesem sehr dynamischen Feld tut sich viel. Es gibt eine Reihe von Prototypen, die bereits sehr vielversprechend sind.“

Zeit für den Job. Der Bildschirm ist vor mir aufgerollt, der Computer ist bereit. Keine Tastatur, keine Maus und kein Trackpad. Nur ein hauchdünner Handschuh, eine zweite Haut aus Sensoren. Meine Finger fliegen schnell durch die Luft, wischen von links nach rechts, zeichnen Kreise und Figuren. Der Computer versteht meine Gesten, er zeichnet mein Design auf den Bildschirm.

Technologie 4: Der künstliche magnetische Sinn.

„Diesen Sensor spürt man gar nicht an der Fingerspitze. Dieser Sensor folgt allen Bewegungen auf der Haut.“

Das Leibniz-Institut für Festkörper- und Materialforschung in Dresden. Physiker Michael Melzer hält den Finger hoch. Ein hauchdünnes Stück Folie, so groß wie eine Briefmarke, schmiegt sich kaum wiederzuerkennen an die Hügelkuppe.

„Ich stecke mir einen unserer hochflexiblen und ultraleichten Sensoren an die Fingerkuppe. Wenn ich das nicht dauerhaft machen möchte, mache ich es mit einer einfachen Hautcreme. Wenn ich es dauerhaft machen möchte, kannst du Sprühpflaster verwenden Ich habe jetzt also einen Sensor an meiner Fingerspitze und kann jetzt ein Magnetfeld erkennen, indem ich einfach mit dem Finger darauf zeige.“

Melzers Finger nähert sich nun einem Magneten. Und dann beginnt eine kleine Leuchtanzeige, die mit dem Sensor verbunden ist, zu flackern. Je näher der Finger am Magneten ist, desto mehr Lichter leuchten. Michael Melzer hat dank des federleichten Fingerkuppensensors einen siebten Sinn.

"Für die Mensch-Maschine-Kommunikation wäre es interessant, dass man die Möglichkeit hat, mit einer Maschine zu kommunizieren, ohne Teile zu berühren."  

Die Technik dahinter, die mit Forschern aus Japan entwickelt wurde, sei genial, sagt Melzers Kollege Denys Makarov.

„Der Trick: Wir verwenden eine extrem dünne PET-Folie mit einer Dicke von nur eineinhalb Mikrometern. Um sie mit dem magnetischen Sensormaterial zu beschichten, strecken wir diese Folie auf das Fünf- bis Sechsfache ihrer Länge. In diesem gedehnten Zustand Wir laminieren das Sensormaterial in einer Vakuumapparatur. Wenn wir dann den fertigen Sensor entspannen, zieht er sich wieder zusammen und bildet dabei kleine Fältchen – ähnlich der menschlichen Haut.“

Am Fingergelenk ist dies deutlich zu beobachten: Hält man den Finger gerade, falten sich die Haut. Wenn Sie es biegen, dehnt sich die Haut und wird glatt, ohne zu reißen.

Wie Papier kann der Sensor zerknittert werden, ohne zu brechen. Dadurch eignet es sich für den kontaktlosen Betrieb von Computern. Für implantierbare Sensoren. Oder für einen neuen Robotertyp namens Soft Robotics.

„Das sind Roboter, die komplett aus Gummi bestehen. Sie sind nahezu unverwüstlich und können daher in sehr rauen Umgebungen arbeiten. Und unsere flexiblen und dehnbaren Sensoren könnten sehr nützlich sein, um diese Roboter zu steuern und zu bewegen.“

Die Fortschritte in den Labors sind beeindruckend. Biegsame Lampen, Sensoren wie Gummi, magnetische Sensoren, die so leicht sind, dass man sie auf der Haut nicht spürt – an der neuen Elektronik arbeiten Forscher an vielen Fronten. Manche Dinge könnten schon bald auf den Markt kommen, wie zum Beispiel das elektronische Tattoo zur Steuerung eines MP3-Players. Trotzdem ist noch viel zu tun. Einige Fragen sind noch offen.

„Tausend Mal zu biegen ist manchmal immer noch ein Problem, weil man dann sieht, dass sich die Eigenschaften verschlechtern und die Diode weniger hell ist.“

Ob bei den OLEDs oder bei den Sensoren zum Drucken.

„Aber einen Dauereinsatz haben wir noch nicht erforscht. Das wird eine spannende Frage für die kommenden Monate.“

Und vor allem bei elektronischen Textilien.

"Waschmaschine ist ein ziemlich sensibles Thema. Eine Waschmaschine ist natürlich eine extreme mechanische Belastung."

Um die Systeme dicht zu kapseln und wirklich stabil und zuverlässig aufzubauen, ist viel Engineering-Arbeit notwendig.

„Natürlich braucht man noch die passende Stromversorgung. Entweder Energiespeicher, die integriert sind, oder sogenannte Energy Harvester, also Elemente, die Energie aus Bewegung oder Körperwärme beziehen können.“  

Erstens können Knopfzellen den Saft liefern. Effizienter wäre es aber, wenn der Akku und die Elektronik auf Folie gedruckt werden könnten. Erste Ansätze gibt es bereits. Und für körpernahe oder gar implantierte Elektronik wäre es noch eleganter, den Strom einfach aus der Umgebung zu ziehen. Energie ernten: Auch daran arbeiten wir bereits.

„Im Moment müssen wir dieses Sensorsignal noch mit einem Kabel auslesen. Deshalb ist es für die Zukunft natürlich sehr interessant, dieses Signal drahtlos übertragen zu können.“  

An Kabeln befestigte Sensoren und Steuereinheiten sind unpraktisch. Deshalb versuchen die Forscher, ihre Systeme mit winzigen Funkchips zu verbinden.

„Das wird ein großer Durchbruch für Implantate. Natürlich möchte man im Körper keine Kabel verwenden, um die Signale zu oder von den Implantaten zu übertragen. Das wäre für die Patienten ziemlich ärgerlich. Deshalb beteiligen wir uns an eine Initiative hier in Deutschland, bei der es um die Entwicklung drahtloser flexibler Elektronik geht."

"Wir haben noch keine Killer-Anwendung für solche Anwendungen."

Die Ideen klingen verlockend. Aber am Ende entscheidet der Kunde, was er will und was nicht. Einige Innovationen haben sich sehr schnell durchgesetzt, wie zum Beispiel Smartphones oder Tablets. Andere Erfindungen wie "Google Glass" scheinen gescheitert - der Markt ist wohl noch nicht bereit für Datenbrillen. Das gleiche könnte elektronische Textilien bedrohen. Ihr Problem: der Preis.

„Feuerwehren oder Straßenbau sind nicht bereit, so viel Geld auszugeben, wie eine Art textile Elektronik heutzutage kostet. Die Elektronikindustrie verkauft Produkte mit einem Gewinn von zehn Prozent, während die Textilindustrie Produkte mit einem Gewinn von 80 Prozent verkaufen will. Das passt noch nicht zusammen."

Sprecher: Fraglich ist auch, wie der Kunde den Bildschirm zum Aufrollen aufnimmt. Will er es wirklich haben, weil er dann immer einen großen Monitor zur Hand hat? Oder lässt er es links, weil er es jedes Mal aufklappen muss? Klar scheint jedenfalls: Wenn der flexible Monitor ein lukratives Geschäft wird, sollen es andere machen.

„Heute kommen die Displays alle aus Asien. Und deshalb werden wir wahrscheinlich auch die flexiblen OLED-Displays aus Asien sehen.“

Langlebigkeit, Stromversorgung, drahtlose Kommunikation – diese Probleme sollten gelöst werden. Das große Manko liegt woanders: Bisher ist die elastische Elektronik bei weitem nicht so leistungsfähig wie die Prozessoren in unseren PCs, Handys und Tablets. Stattdessen können sie als Sensoren, Bedienelemente oder beleuchtete Displays verwendet werden und müssen mit herkömmlichen, harten Chips verbunden werden, die dann die eigentliche Rechenarbeit übernehmen. Ein Smartphone aus elastischer Elektronik, ein T-Shirt mit der Rechenleistung eines Pentium-Chips – das ist vorerst pure Science-Fiction. Aber immerhin: Auch hier gibt es Lösungen. Auf diese Weise könnten Halbleiterbauelemente aus Silizium so dünn gemacht werden, dass sie sich auch biegen lassen, sagt Denys Makarov aus Dresden.

„Man kann einen Halbleiter sehr dünn auf eine flexible Folie auftragen. Allerdings sind die Prototypen dieser flexiblen Chips noch nicht so leistungsfähig wie normale Prozessoren. Diese Lücke müssen wir noch schließen.“

So schnell wie ein moderner Prozessor dürften die Silikonfolien nicht sein, dafür aber spürbar schneller als die bisherigen Komponenten elastischer Elektronik. Und es gibt noch einen anderen Ansatz – die Nanotechnologie. Und es sieht wirklich vielversprechend aus:

„Wir versuchen, neuartige Nano-Verbundmaterialien zu entwickeln. Darunter verstehen wir winzige Nanopartikel, die wir in ein anderes Material einbetten: das kann ein dehnbarer Kunststoff sein. Und die Nanopartikel, die wir dort einführen, können zum Beispiel auf Metallen basieren. "

Der Clou: Art, Größe und Menge der Nanopartikel sind variabel – so lassen sich die Eigenschaften des Materials maßschneidern. Bilden die Nanopartikel Ketten, die sich feinmaschig durch den Kunststoff ziehen, ist das Material elektrisch leitfähig. Und das bleibt auch so, wenn man es auseinanderzieht.

„Es gibt einen Trick, nämlich dass man sehr kleine und sehr viele Nanopartikel verwendet. Diese Partikel sind extrem mobil, können sich also im Kunststoff bewegen. Zieht man den Kunststoff auseinander, ordnen sich die Partikel so an, dass sie sie können miteinander verbunden bleiben und den Strom weiterleiten. In Versuchen blieb die Stromleitung sogar erhalten, wenn das Material auf die dreifache Länge auseinandergezogen wurde."

Solche Materialien könnten sogar ihre Eigenschaften ändern, wenn sie gedehnt und gestaucht werden, sagt Elbahri.

Gedruckte Schaltungen (MPI Saarbrücken). (deutschlandradio.de / Frank Grotelüschen)

„Farbe oder Reflexionseigenschaften könnten sich ändern. Damit könnte man regulieren, wie viel Sonnenlicht in ein Gebäude fällt, das wäre ein Hitzeschutz. Das wäre auch für Solarzellen sinnvoll: Bei einer Nano-Beschichtung könnte man die Farben der Zelle auf unterschiedliche Tageszeiten So kann es an die Lichtverhältnisse, die morgens und mittags vorherrschen, angepasst werden. Es wird einiges zum Spielen geben."

Und auf Dauer scheint es sogar denkbar, komplexere Schaltungen mit Nanotechnologie zu bauen. Vielleicht sogar Prozessoren mit echter Rechenleistung – und Rechner, die nicht mehr in Kartons verpackt werden müssen.