Stuhl, Lampe, Tisch – diese Möbel sind bepflanzt

2021-10-22 08:45:50 By : Mr. Chuck Yang

Anstatt Möbel zusammenzubauen, können Sie sie auch wachsen lassen. Ein Brite möchte diese Idee, die bisher als Kunst galt, nun marktreif machen.

Warum eigentlich Bäume fällen, zersägen und zu Möbeln zusammenfügen, wenn man Tisch und Stuhl direkt hinzufügen kann? Diese Frage stellte sich der Brite Gavin Munro – und fand für sich keine befriedigende Antwort. Also gründete er ein Unternehmen und baut nun Holz für seine ausgewachsenen Möbel in Form von Stühlen, Lampen oder Tischen an.

Dazu pflanzt er Eschen-, Weiden-, Platane-, Eichen-, Kirsch- und Wildapfelbäume und biegt deren Äste entlang von Plastikschablonen. Außerdem gibt er den Ästen nicht nur die richtige Richtung, sondern lässt sie auch so zusammenwachsen, dass sie stabil genug für den Einsatz als Sitz- oder Küchentisch sind – sein Verfahren nennt er „natürlichen 3D-Druck“.

Nicht zuletzt will er auf diese Weise Ressourcen einsparen. Schließlich wachsen die Bäume für die Möbelproduktion oft 40 bis 50 Jahre in Monokulturen. Wenn die Bäume gefällt werden, müssen sie gesägt und transportiert werden. Außerdem entsteht bei der Möbelherstellung selbst Abfall, sodass letztendlich nur ein Teil des Holzes verwendet wird. Laut Munro verbrauchen seine Möbel aufgrund der effizienteren Herstellungsweise nur ein Viertel der CO2-Emissionen herkömmlicher Modelle. Außerdem ist illegal geschlagenes Holz in den geformten Möbeln nutzlos.

Munro ist bei weitem nicht der Erste mit dieser Idee

Schon vor Jahrtausenden sollen Griechen und Ägypter Stühle gepflanzt haben. Im alten China gruben historische Designer sogar Löcher, legten stuhlförmige Steine ​​hinein und pflanzten an diesen Stellen Bäume. Die Wurzeln wickelten sich dann um den Stein und bildeten den späteren Stuhl. Aber auch in jüngerer Vergangenheit gibt es Beispiele, wie der amerikanische Farmer und Bankier John Krubsack, der 1904 Stühle hinzufügte. Bis zur „Ernte“ brauchten sie allerdings noch 11 Jahre. Heute sind Peter Cook, Becky Northey und Christopher Cattle vor allem für ihre Pflanzenmöbel bekannt. Vor allem Rinder machten mit ihrer Online-Anleitung zum Bepflanzen eines Hockers auf sich aufmerksam.

Mit seinen ausgewachsenen Möbeln unterscheidet sich Munro von seinen Mitbewerbern dadurch, dass es Möbelpflanzen im großen Stil anbauen möchte. Im Herbst dieses Jahres will er die erste „Möbelernte“ einfahren, die Premierenlampen und Spiegelrahmen sollen im kommenden Frühjahr erhältlich sein. Der Großteil der ersten Stühle soll jedoch erst 2017 in den Handel kommen – schließlich brauchen die in Form gebrachten Bäume bis zu acht Jahre, um stabil zu sein. Außerdem gibt es eine gewisse Zeit, um das Holz zu trocknen, was bei einem Stuhl etwa ein Jahr dauert.

Wer denkt, das Geschäftsmodell bestehe darin, einmal gepflanzten Bäumen beim Wachsen oder Trocknen zuzusehen, der irrt. Während der gesamten Wachstumsphase muss sich das ausgewachsene Team um die Form der Bäume kümmern – das heißt die Mitarbeiter müssen die Äste anpassen, fixieren und bei Bedarf beschneiden.

Nicht zuletzt die arbeitsintensive Herstellung macht die gewachsenen Möbel zu teuren Einrichtungsgegenständen. Munro fordert Preise von mehreren tausend Pfund pro Stuhl – das macht sie eher zu Designerstücken als zu einer echten Alternative zu herkömmlichen Sitzmöbeln. Doch das soll sich laut Gavin Munro eines Tages ändern. Zudem seien die Möbel bei Vorbestellung um ein Vielfaches günstiger, betont er.

Aber: Zerstören die Plastikschablonen die Umweltbilanz des Möbelpflanzers?

Munro sagt, dass sie so oft wie möglich die Plastikformen verwenden, die den Bäumen die Form ihrer Möbel geben. Darüber hinaus verwendet Full Grown nur Solarenergie und Komposttoiletten, um sein kleines Geschäft zu betreiben. Das Team hat einen jährlichen Energieverbrauch errechnet, der einer achtstündigen Nutzung von acht 60-Watt-Lampen entspricht.

Können Bauern und Waldbesitzer mit dieser Idee Tischler werden?

Nicht ganz – die Herstellung von Möbeln ist in Deutschland ein geschütztes Handwerk und erfordert pro Betrieb einen Meisterbrief. Auch der Aufwand einer größeren Produktion ist nicht zu unterschätzen. Aber wenn Sie Spaß daran haben, Bonsai-Bäume auf der Fensterbank in die gewünschte Form zu bringen, möchten Sie vielleicht einen "Möbelbaum" im Garten ausprobieren.

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